Kann ich während Corona ins Schwimmbad?
Seit dem 13.03.2020 dreht sich unsere Welt ein wenig anders. Für viele bleibt diese quasi stehen, da das öffentliche Leben stillgelegt wurde. Die Pandemie begleitet uns im alltäglichen Leben, bei unseren Hobbies, beim Sport bei der Lehre unserer Kinder. Auch Schwimmbäder sind seit Pandemiebeginn geschlossen – teilweise mit kurzen Öffnungsphasen. Wir haben nach einem Jahr Pandemie viel hinzugelernt und das sind nicht nur neue Begriffe wie Shutdown, Exit-Strategien oder Quarantäne. Viele Wissenschaftler:Innen, Fachleute und Politiker:Innen diskutieren über Reproduktionsraten, Hotspots oder wie steckt man sich wo häufig an?
Bisher wurden Schwimmbäder, sei es Hallenbäder, Freibäder, Thermalbäder oder Saunen gänzlich nicht beachtet. Viele sehen diese als vernachlässigte Freizeitmöglichkeit. Ein Schwimmbad ist aber nicht nur ein Platzhalter für die Freizeitgestaltung. Natürlich ist ein Bad ein Treffpunkt für soziale Kontakte, aber es ist noch viel mehr. Kinder lernen ihre ersten Schwimmzüge, Lehrer:Innen unterrichten ihre Schulklassen, Sportler:Innen trainieren für ihren Triathlon, nach einem stressigen Tag wird in der Sauna entspannt, bei der Schwangerengymnastik erholen sich werdende Mütter und Oma Gerda mit ihren 90 Jahren zieht flott täglich ihre Bahnen. Man merkt, für viele unter uns ist der Schwimmbadbesuch eine regelmäßige Grundlage.
Einzelhändler öffnen und schließen wieder, Friseure öffnen aber Baumärkte bleiben geschlossen – wieso? Hier stellen sich Wissenschaftler:Innen und Fachleute die Frage, wo ist ein Ansteckungsrisiko hoch und wo gering? Die mathematische Grundlage ist hier der R-Wert. Der R-Wert ist die Reproduktionsrate, also wie viele Menschen eine infizierte Person in einer bestimmten Zeiteinheit im Mittel ansteckt. Der wissenschaftliche Parameter besagt, dass wenn der Wert über 1 liegt, dann steigt grundsätzlich die Zahl der Neuinfektionen. Wenn die Zahl der Neuinfektionen steigt, dann ist die Ausbreitung der Krankheit höher. Ist der Wert kleiner als 1, werden weniger Neuinfektionen verzeichnet. Man kann jedoch nicht pauschal sagen, dass ein doppelter Wert auch doppelt so viele Menschen ansteckt. Der R-Wert ist ein exponentieller Wert. Bedeutet somit, dass schon ein Wert von 1,1 die Infiziertenzahl verdoppelt. Der veröffentlichte tagesaktuelle R-Wert ist jedoch nur eine Momentaufnahme vor knapp zwei Wochen. Ausschlaggebend hierzu ist die Inkubationszeit von Covid-19 von etwa sechs Tagen. Wissenschaftler:Innen sind sich einig. Wenn sich der R-Wert dauerhaft auf unter 1 bewegt, können wir die Pandemie in den Griff bekommen. Natürlich ist ausschlaggebend für eine Bewältigung der Pandemie eine Herdenimmunität von mindestens 60% der Bevölkerung. Dies geschieht derzeit nur durch eine flächendeckende Impfung.
Covid-19 und das Schwimmbad. Passt das zusammen?
Deutschland ist ein Land der Normen, Gesetze, Verordnungen, Richtlinien, Vorschriften… Auch Schwimmbäder sind in viele Texte konkretisiert. Die Inhalte gestattet einem Schwimmbad nicht viel Spielraum, auch außerhalb der Pandemie. Wer schon einmal im Schwimmbad war, sieht häufig die Schwimmmeister:Innen, wie diese mit kleinen Gläsern ein wenig Badewasser entnehmen oder eine Reinigungskraft, die in der Dusche den Mopp schwingt. Auch manche kamen in den Genuss, das Innenleben eines Schwimmbades zu sehen – dies zumeist im Keller. Hier sieht man wie umfangreich Vorkehrungen getroffen werden, um den Hygieneanforderungen genüge zu tun. In unzähligen Reinigungs- und Desinfektionsplänen werden akribisch unterschiedliche Bereiche differenziert. Zumeist auch nachts, wenn alle Badegäste die Halle verlassen haben, werden die großen Maschinen ausgepackt. Jede Ecke wird gereinigt und anschließend desinfiziert. Keime haben im Schwimmbad in der Regel keine Chance.
Dies betrifft aber nicht nur alle Flächen, sei es Fliesen, Armaturen, Spinde oder Drehkreuze, nein auch unser Wasser, das Kernstück eines jeden Schwimmbades, ist diesen umfangreichen arbeiten ausgesetzt. Eine ausgeklügelte Mess- und Regeltechnik unterstützt unsere Schwimmmeister:Innen bei ihrer Arbeit, denn die Anlage arbeitet 24 Stunden durch – jede einzelne Sekunde. Ein wenig Badewasser wird direkt aus dem Becken vollautomatisch entnommen und durch eine Messzelle geschickt. Hier werden unterschiedliche Parameter, beispielsweise der Chlorgehalt, pH-Wert oder der Redox-Wert, in sekundenschnelle gemessen. Diese Werte verändern sich durch höhere oder niedrigere Belastungen im Becken. Beispielsweise kommt eine Schule mit 60 Schüler:Innen frühmorgens als Erstes um 8 ins Schwimmbad. Ein Eintrag von Schmutz, natürlich muss jeder vorher gründlich duschen, durch die Schüler:Innen ist nicht ausgeschlossen. Die Messanlage reagiert sofort auf die veränderten Bedingungen und regelt bestimmte Werte nach. Auf diese ausgereifte Hightech Anlage ist verlass, jedoch Kontrolle ist besser. Unsere Schwimmeister:Innen kontrollieren 3x täglich manuell die Wasserwerte. Hier werden kleine Mengen direkt aus dem Becken entnommen und in unserem „Labor“ analysiert. Falls Messunterschiede entstehen, wird unserer ausgebildetes Fachpersonal Vorkehrungen treffen, um immer und jederzeit die hohen Qualitätsansprüche Genüge tun. Das Gesundheitsamt probt ebenfalls viele Parameter monatlich ab. Chlor als Grundlage der Schwimmbaddesinfektion wird eine Keimtötung an Pseudomonas aeruginosa von vier Zehnerpotenzen innerhalb von 30s zugrunde gelegt. Ebenfalls werden durch die Aufbereitung Mikroorganismen, echte oder kolloidale gelöste organische Verunreinigungen wie auch sonstige Verunreinigungen entfernt. Um auf unseren Covid-19 Virus zurückzukommen sehen wir hier, dass dieser in unserer Badewasser nicht überleben kann. Dies bestätigte auch das Umweltbundesamt am 12.03.2020.
Über 30°C Umgebungstemperatur und mehr als 40% Luftfeuchtigkeit sind diese Viren inaktiv. Im Schwimmbad haben wir in der Regel Temperaturen von 32°C bei einer Luftfeuchtigkeit von 55%. Das Gesundheitsrisiko ist somit sehr gering bis nicht vorhanden.
Der Covid-19 Virus wird über Aerosole verteilt. Diese sind feinste Tröpfchen in der Luft, verursacht durch Lachen, husten, niesen o.Ä.. Covid-19 Viren mögen kühlere Temperaturen mit geringer Luftfeuchtigkeit. Somit sollte man sich Gedanken machen, ob sich diese Aerosole in der Schwimmbadluft halten können. Lüftungsanlagen in Schwimmbädern sind im Vergleich auf eine sehr hohe Luftwechselrate ausgelegt und können sehr große Luftvolumen in kurzer Zeit austauschen. Eine sehr hohe Luftwechselrate und ein großes Luftvolumen, Schwimmbäder haben häufig sehr hohe Decken und große Flächen, sorgen für eine niedrige Konzentration von Aerosolen in der Luft. Dies untersuchte und berechnete das Hermann-Rietschel-Institut der TU Berlin im Herbst 2020 und März 2021.
Abbildung 1: Vergleichende situationsbezogene R-Werte in verschiedenen Innenräumen (Quelle: Hermann-Rietschel-Institut, TU Berlin; DGfdB e.V. Pandemieplan 4.0)
Das Institut bewertete eine Schwimmhalle mit einem vorbildlichen R-Wert von 0,5. Unsere Lüftungsanlage hat eine Gesamtumwälzvolumen von 35.350 m³/h. Das sind umgerechnet 35 Tonnen Luft pro Stunde die gewechselt werden. 18.600 m³ werden ins unserer Hauptbadehalle, dem Sportbecken, pro Stunde umgewälzt. Bei einem Raumvolumen von 7000 m³ wechseln wir somit pro Stunde 2,65-mal das gesamte Volumen mit neuer Luft aus. Über den gesamten Tag wechselt die Luft 64-mal bei einem Gesamtvolumenstrom von 446 Tonnen. 38 Personen durften im letzten Jahr zur selben Zeit in das Sportbecken. Dies ist ein Gesamtvolumenstrom von 489 m³/h/Person. Da die Schwimmbadlüftung rein auf einen Außenluftbetrieb gefahren wird, bekommt jede Person knapp 500 kg frische Luft pro Stunde ab. Das Hermann-Rietschel-Institut bewertet somit die Schwimmbadluft unter diesen Bedingungen als virenfrei. Hallenbäder gehören demnach zu den Einrichtungen, bei denen ein geringes Ansteckungsrisiko vorhanden ist – somit als tatsächlich „sicheren Ort“.
Abbildung 2 Aerosolverteilungen in der Schwimmhallenluft bei verschiedenen Aktivitäten in Abhängigkeit vom Außenluftanteil. (Quelle: Hermann-Rietschel-Institut, Berlin)
Eine Ansteckung in der Sauna wird durch die hohen Temperaturen als sehr gering eingeschätzt.
Auf Grundlage der Coronaschutzverordnung der Länder wird eine Hygienekonzept mit Notfallplänen erstellt. Durch die Konzepte werden Maßnahmen aus dem allgemeinen Betrieb erhöht, um das Risiko noch deutlicher zu minimieren. Flächen werden noch häufiger gereinigt und desinfiziert, das Personal trägt Schutzmasken mit Filterstandard FFP2, Wege werden markiert und direkte Kontakte bei Möglichkeit minimiert. Keine Sorge, unser Personal ist für die Sicherheit und Ordnung vor Ort und wird dir auch in Notsituationen helfen, dich retten und versorgen!
Als Pilotprojekt starteten wir im Sommer 2020 Schwimmkurse, bei denen kein direkter Kontakt zum Kind entsteht. Unsere Schwimmmeister:Innen sind in sicherer Entfernung zu den Schwimmlehrlingen, da die Eltern mit ins Wasser gehen. Das Resultat aus dem Projekt konnten wir mit sehr gut bewerten. Alle Kinder konnten in der Zeit ihre Schwimmfähigkeit erlangen. Aber nicht nur Kinder sind auf die regelmäßige Erfahrung im Wasser angewiesen. Auch Personen mit Leiden, beispielsweise Rheumapatienten, sind auf Bewegungen im Wasser angewiesen, da bestimmte schonende Übungen außerhalb des Wassers nicht möglich sind.
Wir sehen, dass ein Schwimmbad nicht als reine Freizeiteinrichtung gesehen werden darf. Ein Schwimmbad stellt einen Grundpfeiler des kommunalen Zusammenseins dar und ist auch in Pandemiezeiten ein Ort, bei denen wir uns sicher und relativ frei bewegen können.
Wir sind bereit in die Saison 2021 zu starten!
Ich freue mich auf all die großartigen Gäste, die wir bald wieder begrüßen dürfen.
Markus Tippelt
Geschäftsführer LB Leeraner Badbetriebs GmbH
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